Von der Last zur Lust
Sexualität beinhaltet die Möglichkeit den höchsten Grad an Intimität und Verbindung zwischen zwei Menschen zu schaffen. Jede Frau
ist mit der Fähigkeit, ihr orgasmisches Potential zu erleben auf die Welt gekommen - es ist ihr natürliches Geburtsrecht. Jede Frau hat das Potential, ihre Sexualität voll und
ganz befriedigend und erfüllend zu leben. Und obwohl diese essentielle Gabe jeder Frau mitgegeben ist, sind doch viele Frauen nicht in der Lage, ihr orgasmisches Erleben zu
lenken. Lust, Erregung, Orgasmus ist für viele Frauen eine unberechenbare Angelegenheit, deren Höhen und Tiefen sie sich oft hilflos ausgeliefert fühlt. Manchmal stellt sie sich
ein, die Lust - manchmal nicht. Manchmal kommt er, der Orgasmus - manchmal nicht. Das Leiden an der Unfähigkeit, auf das orgasmische Erleben Einfluss zu nehmen und das für sie
erfüllend zu lenken, beeinflusst oftmals schon im Vorfeld die Frau in ihrem Lust-, bzw. ihrem Unlustempfinden. Hier ist es wichtig, den Druck rauszunehmen, loszulassen, keinen
Stress zu kreieren, denn es gibt solche und solche Tage, abwechselnde Phasen im Leben.
Die Dominanz einer männlich geprägten Sexualität
Eines der größten Missverständnisse unter den Geschlechtern ist die Ansicht, dass Männer und Frauen gleich sind und damit auch
Gleiches wollen und wünschen. Das ist vor allem ganz entschieden verbreitet in der Sexualität. Unbestreitbar jedoch ist, dass Männer und Frauen verschiedene Körper mit
unterschiedlichen Genitalien und Geschlechtsdrüsen, die unterschiedliche Hormone produzieren, haben. Doch die meisten verharmlosen dessen Einfluss auf die Sexualität. In der
Sexualität hat eher ein Angleichungsprozess stattgefunden, Unisex ist das Modewort.
Die Art jedoch wie diese Sexualität gelebt wird ist männlich geprägt, d.h. sie ist schnell und auf Genitalien und Orgasmus fixiert.
Unsere Sprache macht das sehr deutlich: in der Sexualität steuern wir den Höhepunkt an, eine geradlinige, zielgerichtete Aktivität, die in einer Explosion endet.
In dieser Art Sexualität zu leben kann sich der weiblich eher rezeptive Pol nur wenig entfalten. Viele Frauen haben sich aus der
Sexualität zurückgezogen, da sie sich in der gelebten männlichen Form nicht zu Hause fühlen; sie haben ihre sexuelle Identität verloren schon seit Generationen und noch nicht
wieder gefunden. Viele Frauen bleiben dabei mit einem Gefühl, nicht richtig zu sein, es nicht richtig zu machen beim Sex, orgasmusunfähig zu sein, zurück. Sexualität wird dann für
sie nicht mehr so wichtig; sie wird vernachlässigt und mit anderen Dingen kompensiert.
Die Qualität weiblicher Sexualität
Wenn sich Frauen von der Sexualität aus Enttäuschung oder Unvermögen zurückziehen verletzen sie sich jedoch in einem tiefen Ausmaß
selbst. Sie verraten damit ihr essentielles Bedürfnis nach Nähe und Intimität und auch ihr größtes Potential ekstatische Zustände zu erleben und dadurch über sich selbst hinaus zu
gehen und zu wachsen. Wir sind sexuelle Wesen, wir sind sexueller Natur. Wir sind alle aus einem sexuellen Akt entstanden. Viele Menschen vergessen dies und die erfreuliche
Tatsache, dass wir alle sexueller Natur sind.
Wenn du bei dir diese Rückzugstendenzen in der Sexualität beobachtest oder du unzufrieden und unbefriedigt bleibst mit der Art wie
du deine Sexualität lebst dann wende dich dir selbst mehr zu; finde heraus, was du brauchst und wie sich deine Energie am besten entfalten kann; übernimm die Verantwortung für
deine Sexualität und bringe dich mit deinen Wünschen und Bedürfnissen ein.
Die weibliche Qualität in der Sexualität ist rezeptiv. Sie lässt eher geschehen als dass sie aktiv handelnd eingreift. Ihr Fokus ist
auf das entspannte Fühlen und Erleben gerichtet und nicht so sehr darauf, ein Ziel zu erreichen. Will sich der weibliche rezeptive Pol entfalten, braucht Frau vor allem Zeit,
Langsamkeit und das sogenannte Vorspiel, das im weiblichen Verständnis eher mit zum Hauptspiel wird. Sie braucht das Gefühl, gehalten, geborgen, angenommen und anerkannt zu sein,
um sich ganz frei hingeben zu können. Wir hören oft Frauen von ihren Männern einfordern, dass diese doch erst einmal mit ihnen sprechen, bevor sie miteinander Sex haben. Das ist
oft der hilflose Versuch, sich diese Zeit zu verschaffen, in der sich der weibliche Pol ganz entfalten kann. Nicht so sehr das Miteinander sprechen ist hierbei wichtig – viele
wissen es nicht anders auszudrücken. Sondern die gemeinsame Zeit und die gegenseitige sinnliche Annäherung.
Verantwortung für die eigene Sexualität übernehmen
Verantwortung für sich selbst zu übernehmen ist noch immer etwas, was Frauen schwerfällt. Wenn wir Frauen uns eine andere Sexualität
wünschen, ist es jedoch erforderlich, dass wir uns aufmachen, unsere spezifisch weibliche sexuelle Energie zu entdecken und die Art und Weise, wie wir sie wecken können.
Eigenverantwortung in Liebe und Sexualität zu übernehmen, können wir nur, wenn wir uns ganz genau kennen: unseren Körper, unsere Vorlieben und erogenen Zonen, unser Lustzentrum,
unseren Orgasmus (Orgasmen), unsere Bedürfnisse und Sehnsüchte.
Körperliche Selbstliebe
Die tiefste und eindrücklichste Botschaft der Selbstliebe geben wir uns in der körperlich-sinnlichen Berührung. Viele Frauen suchen dieses
Ankommen bei sich selbst im Kontakt mit dem Mann, im Liebesspiel mit dem Partner – doch umsonst. Sie wissen nicht, dass sie diese Räume der Intimität niemals bei einem Mann finden
können, wenn sie diese nicht schon in sich gefunden haben. Sie beklagen, dass diese Art der sinnlich-zärtlichen Berührung im „normalen" Liebesspiel mit einem Partner zu kurz kommt
und es immer „direkt zur Sache" geht. Sie sehnen sich nach einer bewussten und wertschätzenden Berührung, die ihnen hilft, in ihrem Körper anzukommen und die sie darin willkommen
heißt. Doch sie suchen an der falschen Stelle und erwarten wieder einmal vom Mann, was sie sich selbst nicht geben: ein lebendiges, zärtlich-intimes Liebesverhältnis zu ihrem
eigenen Körper und sich selbst. Dieses ist jedoch notwendig, damit Frau sich ganz selbstverständlich in das gemeinsame Liebesspiel mit dem Partner einbringen kann und das erlebt,
was sie sich in der Liebe wünscht.
Von der Selbstbefriedigung zur Selbstliebe
Selbstliebe geht über die gewohnte Selbstbefriedigung hinaus. In der Selbstbefriedigung geht es auch bei der Frau lediglich darum,
sexuelle Spannungen abzubauen, wozu sie normalerweise nur ein paar Minuten braucht. Im Fokus steht dabei die Klitoris, die dabei schnell stimuliert wird, während die anderen
Genitalien und Körperpartien wenig oder gar nicht beachtet werden. Diese Art der Selbststimulation nach männlichem Vorbild verschafft der Frau zwar kurzfristig Genuss und
sexuellen Spannungsabbau, jedoch bleiben dabei wesentliche Bereiche weiblicher Sexualität unberührt und das weibliche Bedürfnis nach Intimität und Verbundenheit nicht
erfüllt.
Vielleicht fühlt Frau sich sogar danach leer und haltlos, denn für ihr Herz war die Zeit viel zu kurz, um sich für die körperlich-sinnliche Erfahrung öffnen zu können.
In der Selbstliebe geht es darum, neue Räume von Heilung, Selbstannahme und Ekstase für sich selbst zu erschließen. Dafür braucht es
zunächst eine klare Entscheidung dafür und die Bereitschaft, alte Gewohnheiten der Selbstbefriedigung loszulassen, sowie die Orgasmusfixiertheit aufzugeben. Eine Haltung der
Gelassenheit und Neugier Ist dabei eine gute Unterstützung. Mach dir klar, dass es hierbei nicht darum geht, ein bestimmtes Ziel zu erreichen und öffne dich für die vielfältigen
Möglichkeiten der sexuellen Ekstase.